"Journalisten verstehen
sich gern als Träger öffentlicher Kritik. Sie zeigen Missstände auf,
prangern Fehlverhalten an. Skandale, Fehlleistungen oder auch nur schwache
Darbietungen von Politikern, Wirtschaftskapitänen, Kulturschaffenden sind
ein begehrtes 'Jagdgut', das öffentlich aufgespießt und gebraten wird. Die
spiegelverkehrte Seite ist, dass Journalisten für diese öffentlich
zelebrierte Fehlerjagd zumindest unbewusst eine Haltung der eigenen
Fehlerlosigkeit einnehmen müssen und sich naturgemäß schwertun, mit
eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert zu werden. Eine Fehlerangst, die
aus einer Kultur der Fehlerjagd entsteht: Im eigenen Fehler begegnet dem
Journalist gewissermaßen sein eigenes Beutetier, das er nun durch andere
erlegt, zerlegt sieht und das ihn mit seinen eigenen Schwächen
konfrontiert, während er sich doch auserkoren fühlt, die Schwächen anderer
bloßzulegen." (Hans Karl Peterlini, Und jetzt zerfetzen wir uns? Das Kreuz
mit der 'Blattkritik': Schwierigkeiten, Chancen und mögliche
Coaching-Strategien. In: Der österreichische Journalist, 6+7/2008, S.
118-120)